Mittwoch, 1. Juli 2009 / Mercredi, 1er juillet 2009
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sches Gen“). Die Sprache in beiden Bereichen vermengt Merkmale und Gene. Die Me-
tapher der Information wird als reale Größe verstanden bzw. im alltäglichen Sinn miss-
deutet. Als Konsequenzen für die Gestaltung des Unterrichts ergibt sich, dass konse-
quent zwischen Genen und Merkmalen, d. h. Genotyp und Phänotyp zu unterscheiden
ist. Genetische Information ist als Metapher zu begreifen. Das Konstrukt der Gene zu
Reifizieren und Personifizieren ist zu vermeiden. In der kritischen Auseinandersetzung
mit Aussagen der Genetik ist die Unterscheidung von reifizierendem Wissen und reflek-
tiertem Wissen (Jelemenská 2006) fruchtbar anzuwenden.
Literatur
Frerichs, V. (1999). Schülervorstellungen und wissenschaftliche Vorstellungen zu den
Strukturen und Prozessen der Vererbung. Oldenburg: Didaktisches Zentrum.
Gebhard, U. (1999). Alltagsmythen und Metaphern. Phantasien von Jugendlichen zur
Gentechnik. In: Schallies, M. & Wachlin, K.D. (hrsg.), Biotechnologie und Gentechnik
im Bildungswesen. Berlin: Spinger, 99-116.
Gropengießer, H. (2001). Didaktische Rekonstruktion des Sehens. Beiträge zur Didak-
tischen Rekonstruktion 1. Oldenburg: Didaktisches Zentrum.
Gropengießer, H. (2005). Die qualitative Inhaltsanalyse in der fachdidaktischen Lehr-
Lernforschung. In: Mayring, P. & Glaeser-Zikuda, M. (Hrsg.), Die Praxis der qualitati-
ven Inhaltsanalyse. Weinheim und Basel: Beltz, 172-189
Jelemenská, P. (2006): Biologie verstehen: Ökologische Einheiten. Beiträge zur Didak-
tischen Rekonstruktion 12. Oldenburg: Didaktisches Zentrum.
Kattmann, Ulrich, Duit, Reinders, Gropengießer, Harald, Komorek, Michael (1997): Das
Modell der Didaktischen Rekonstruktion – Ein Rahmen für naturwissenschaftsdidak-
tische Forschung und Entwicklung. In: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaf-
ten, 3, 3-18.
Kattmann, U., Frerichs, V. & Gluhodedow, M. (2005). Gene sind charakterlos – Didakti-
sche Rekonstruktion am Beispiel Genetik. Der mathematische und naturwissen-
schaftliche Unterricht, 58 (6), 324-330.
Mayring, P (1999). Qualitative Inhaltsanalyse. Weinheim: Deutscher Studien Verlag.
Schwanewedel, J. (2009) Biologie Verstehen: Gene und Gesundheit. Beiträge zur Di-
daktischen Rekonstruktion. Oldenburg: Didaktisches Zentrum (in Vorb.).
Veränderungen von Schülervorstellungen über den Treibhauseffekt und
die globale Erwärmung durch eine didaktisch rekonstruierte Lernumgebung
Reinfried, Sibylle
Pädagogische Hochschule Zentralschweiz Luzern
sibylle.reinfried@phz.ch
Keywords
Didaktische Rekonstruktion, Conceptual Change, Treibhauseffekt, konstruktivistische
Lernumgebung, fachdidaktische Lehr-/Lernforschung.
Theorie und Forschungskontext
Angesichts der realen Bedrohung unserer Erde durch die globale Erwärmung (IPCC
2001) muss es ein vorrangiges Bildungsziel sein, dass Jugendliche die Ursachen und
Auswirkungen des anthropogen verstärkten Treibhauseffekt verstehen, um sich in Zu-
kunft als aktive Bürger am Dialog über Treibhausgas-reduzierende Massnahmen betei-
ligen und so Verantwortung übernehmen zu können. Um motiviert dafür zu sein, Mass-
nahmen zur Kontrolle der globalen Erwärmung zu unterstützen, genügt eine generelle
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Besorgnis über die heutigen Umweltprobleme jedoch nicht. Die wirkungsvollste Ein-
flussgrösse sowohl für die erklärte Absicht, freiwillige Massnahmen zu ergreifen, als
auch dafür, politische Massnahmen zur Treibhausgasreduktion zu unterstützen, ist
vielmehr das Wissen um die Ursachen des Treibhauseffektes und Klimawandels (Bord
et al. 2000, de Haan et al. 2008). Dem Kompetenzerwerb stehen jedoch sehr stabile
Alltagsvorstellungen der Lernenden entgegen. Untersuchungen über die subjektiven
Theorien von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen über den Treibhauseffekt
(Aeschbacher 1992, Boyes & Stanisstreet 1993, Dieckmann & Franzen 1995, Aesch-
bacher et al. 2001, Anil 2003, Eisele 2003, Dieckmann & Meyer 2007, Schuler 2007)
ergaben, dass als Erklärung für die globale Erwärmung häufig das Ozonloch herange-
zogen wird. Die Loch-Vorstellung ist ausserordentlich „belehrungs-resistent“ und lässt
sich durch herkömmliche Instruktion kaum verändern (Aeschbacher et al. 2001).
Fragestellung und methodisches Vorgehen
Im Modell der Didaktischen Rekonstruktion (Kattmann et al. 1997) geht es um die Auf-
arbeitung der Sachstruktur eines Themas unter Einbezug der Lernerperspektiven zur
Lernstruktur. Eine solche, didaktisch rekonstruierte Lernumgebung zum Thema Treib-
hauseffekt (Reinfried et al. 2008), wurde in einer Interventionsstudie mit Pre-/Posttest-
Design empirisch auf ihre Wirksamkeit getestet.
Im Zentrum stand dabei der Konzeptwechsel (Conceptual Change) der Lochvorstellung
zu einer wissenschaftlich korrekteren Vorstellung. Untersucht wurde folgende For-
schungsfrage: Wie groß ist der Lernerfolg im Sinne des angestrebten Konzeptwechsels
unter verschiedenen Bedingungen? Die in der Experimentalgruppe eingesetzte didak-
tisch rekonstruierte Lernumgebung wurde einem konventionellen, didaktisch reduzier-
ten Unterricht in der Kontrollgruppe gegenübergestellt. Die Vorstellungen und die Wis-
senstand von 240 Schüler/innen aus sieben Sekundarschulen im Kanton Luzern (Stufe
A und B) wurden vor und nach der Intervention durch einen Fragebogen erhoben. Der
Lernerfolg der Lernenden wurde über den Punktestand, der sich aus den Wissensfra-
gen des Fragebogens ergibt, entsprechend der Korrektheit des Verständnisses des
Treibhauseffekts, durch Zeichnung, wie auch schriftliche Beschreibung der Zeichnun-
gen ermittelt.
Ergebnisse
Die Auswertung der Fragebögen ergab einen signifikanten Wissenszuwachs in der Ex-
perimentalgruppe, verbunden mit einem entsprechenden Rückgang der Lochvorstel-
lung. Auch die Einschätzung der Bedeutung von CO2 als Treibhausgas nahm signifi-
kant zu (Reinfried & Rottermann, in Vorbereitung). Im Referat wird die didaktisch re-
konstruierte Lernumgebung vorgestellt und über die Wirksamkeitsstudie berichtet.
Literatur
Aeschbacher, U. (1992): Meinungen, Wissen und Verstehen von Lehrerstudentinnen
und –studenten in Sachen „Treibhauseffekt“. Bildungsforschung und Bildungspraxis,
14(2), 149-161.
Aeschbacher, U., Carlò, C. & Wehrli, R. (2001): „Die Ursache des Treibhauseffektes ist
ein Loch in der Atmosphäre“: Naives Denken wider besseres Wissen. ZfEP, 33(4),
230-241.
Anil, D.(2003): Dauerhafte Korrektur mentaler Fehlkonzeptionen am Beispiel des Treib-
hauseffekts. Textverstehen und Textverständlichkeit. Lizentiatsarbeit Univ. Basel.
Bord, J. R., O’Connor, R. E. & Fisher, A. (2000): In what sense does the public need to
understand global climate change? Public Understand. Sci. 9, 205-218.
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