
Dienstag, 30. Juni 2009 / Mardi, 30 juin 2009 10.30 – 12.00
Papersessions mit Einzelbeiträgen / Contributions individuelles groupées en papersessions
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Darin konzipieren die Studierenden in kleinen begleiteten Projektgruppen ihre Feldstu-
die selbst (Fragestellung, theoretische Bezüge, Planung, Durchführung, Auswertung);
sie erarbeiten u.a. Fallbeispiele und vergleichen sie. Das Plenum leistet vor allem die
Vernetzung der Konzepte und Inhalte.
Über methodisch angelegte qualitative Zugänge können sich Studierende also selbst
einen Einblick in die subjektiven Erfahrungs- und Handlungsräume von Kindern und
Jugendlichen verschaffen. Durch die Befragung zu ihren ausserschulischen Aktivitäten
erfahren künftige Lehrpersonen etwas über deren Formen von sozialer Einbindung,
deren Identitätskonstruktionen sowie Kompetenzerwerb in Sozialisationsfeldern, die
dem pädagogischen Blick für gewöhnlich entzogen sind. Damit gelingt ihnen die Kon-
textualisierung des ‚Schulkindes’ zum ‚Freizeit- und Familienkind’.
Einsichten in die konkreten alltagskulturellen Beschäftigungen, Einstellungen, Fähigkei-
ten, Bedürfnisse und Interessen von Kindern und Jugendlichen sind eine Vorausset-
zung dafür, schulische und ausserschulische Bildungsprozesse von Kindern und Ju-
gendlichen produktiv aufeinander zu beziehen und damit einen ressourcenorientierten
Umgang mit ihren ausserschulischen Kompetenzen zu praktizieren.
Dieser Zugang erlaubt aber auch die Aneignung eines Basiswissens zu den Formen
und Bedingungen des Aufwachsens heute (Lebensweisen – Lebenslagen); die Inter-
views und Beobachtungen bieten Einsichten in die Verarbeitung unterschiedlicher So-
zialisationsbedingungen und die Gestaltung subjektiver Lebenswelten. So erweist sich
die Fokussierung auf Einzelfälle als komplexitätsentfaltend, denn sie lässt gesellschaft-
liche Entwicklungen und Einflüsse im Detail erkennen.
Die methodisch bedingte „wertneutrale“ Annäherung an die Perspektive der Schü-
ler/innen mittels einer ethnographischen Lebensweltanalyse bringt noch einen weiteren
Ertrag: Sie relativiert den für Lehrpersonen professionsbedingt normativen Blick auf
Kinder und Jugendliche.
Literatur
B
OHNSACK
, R
ALF
(1999): Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in Methodologie
und Praxis qualitativer Methoden. Opladen: Leske und Budrich.
H
IRSCHAUER
, S
TEFAN
/A
MANN
, K
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(1997): Die Befremdung der eigenen Kultur. In:
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derung soziologischer Empirie. Frankfurt: Suhrkamp, S. 7-52.
H
ITZLER
, R
ONALD
/E
BERLE
, T
HOMAS
(2000): Phänomenologische Lebensweltanalyse. In:
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H
ITZLER
, R
ONALD
/H
ONER
, A
NNE
(1988): Der lebensweltliche Forschungsansatz. In: Neue
Praxis 18, S. 496-501.
H
ÖHNE
, T
HOMAS
(2001). Kultur als Differenzierungskategorie. In: Lutz, Helma/ Wenning,
Norbert (Hrsg.): Unterschiedlich verschieden. Differenz in der Erziehungswissen-
schaft. Opladen: Leske und Budrich, S.197-213.
H
ONER
, A
NNE
(1989): Einige Probleme lebensweltlicher Ethnographie. Zur Methodologie
und Methodik einer interpretativen Sozialforschung. In: Zeitschrift für Soziologie 18,
S. 297-312.
H
ONER
, A
NNE
(2000): Lebensweltanalyse in der Ethnographie. In: Flick, Uwe u.a.
(Hrsg.): Qualitative Forschung. Reinbek: Rowohlt, S. 194-204.
K
ASCHUBA
, W
OFLGANG
(1995) (H
RSG
.). Kulturen – Identitäten – Diskurse. Perspektiven
europäischer Ethnologie. Zeithorizonte, Bad 1. Berlin: Akademie.
Dienstag, 30. Juni 2009 / Mardi, 30 juin 2009 10.30 – 12.00
Papersessions mit Einzelbeiträgen / Contributions individuelles groupées en papersessions
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Lötscher, Hanni & Tettenborn, Annette
PS06 Portfolios in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung: Unterstützung
reflexiver Lernprozesse von Person und Institution
E 33.3
Pädagogische Hochschule Zentralschweiz Luzern
Keywords
Portfolio, Lehrerinnen- und Lehrerbildung, Hochschulentwicklung
Portfolioarbeit kennt unterschiedliche Wurzeln und wird im deutschen Sprachraum ab
den 1990er Jahre als alternative Form der Leistungsbeurteilung zunächst im Volks-
schulbereich realisiert und diskutiert (Häcker 2006). Ab der Jahrtausendwende werden
auch in der Lehrerinnen- und Lehrerbildung Portfolios immer häufiger eingesetzt
(Hascher & Schratz 2001). Heute weist schon die Menge der unterschiedlichen Portfo-
liobegriffe auf die zunehmende Bedeutung von Portfolios in Schule und Hochschule hin
(Häcker 2008). Erstaunlich rasch etablierten viele Hochschulen Portfolios in der Lehrer-
bildung (Kraler 2007). Es kann gar von einer „Portfolio-Mania“ gesprochen werden.
Damit jedoch das Potential von Portofolios als Lehr-, Lern-, Beurteilungs- und Reflexi-
onsinstrument genutzt werden kann, ist die Klärung von Konzepten und Kontextbedin-
gungen wichtig. Es gilt zu vermeiden, Portfolios als Reflexionsinstrument unreflektiert
einzuführen (Häcker & Winter 2008).
An der Pädagogischen Hochschule Zentralschweiz schliesst der Studiengang Sekun-
darstufe I mit einer portfoliobasierten Masterprüfung in Bildungs- und Sozialwissen-
schaften (BSW) ab ( Häcker & Rentsch 2008; Lötscher, Tettenborn, Wildhirt, Cocard,
Hürlimann & Luthiger 2008). Die Studierenden sind aufgefordert, rückblickend anhand
selbst gewählter Belegstücke ihre Kompetenzentwicklung auf dem Hintergrund ihres
theoretischen Wissens darzustellen. Den Referenzrahmen bilden die KMK-
Lehrerbildungsstandards Bildungswissenschaften (2004). Die Studierenden wählen je
einen KMK Standard aus den Bereichen Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovie-
ren. Gefordert wird die reflektierende Verknüpfung verschiedener Wissensformen (theo-
retisches Wissen, Erfahrungswissen) im Sinne des reflexiven Lernens als Relation zwi-
schen Wissenschaft, Praxis und Person (Wildt 2003).
Der Beitrag berichtet von Entwicklungsarbeiten zur portfoliobasierten Masterprüfung in
den Bildungs- und Sozialwissenschaften. Anhand der Rückmeldungen der Studierenden
sowie der Erfahrungen zur Entwicklungsarbeit aus Sicht der Dozierenden werden fol-
gende Fragen fokussiert:
•
Wie wirken Kontextbedingungen auf die Qualität der Portfolioarbeiten?
•
Was unterstützt die theoriegestützte Reflexion der Praxis?
•
Was zeigen die Ergebnisse der Portfolios und der Masterprüfung für die inhaltli-
che und strukturelle Weiterentwicklung des Studienganges?
Wie können studentische Portfolioarbeiten für die Qualitätsentwicklung von Hochschu-
len genutzt werden?
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